Wie funktioniert freiwillige CO₂-Kompensation?
10.02.2022 | Den Klimawandel und seine weitreichenden Folgen zu begrenzen, ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Eine Übergangslösung auf dem Weg zur Klimaneutralität ist, CO₂-Emissionen, die sich heute noch nicht vermeiden lassen, an anderer Stelle zu kompensieren. Das kennt man z. B. von privaten Flugreisen, es ist aber vor allem auch für Unternehmen mit Klimaschutz-Ambitionen relevant. Für Geschäftskunden bieten die SWM das Produkt M-Kompensation Plus an. Frederik Heymann ist dafür verantwortlich und erklärt, was es mit der CO₂-Kompensation auf sich hat.
Frederik Heymann im Interview
Herr Heymann, warum kompensieren Unternehmen ihre Emissionen?
Mit der Strategie, klimaneutral zu werden, können sich Unternehmen vorstellbare und glaubwürdige Ziele setzen, ihr eigenes freiwilliges Engagement geltend machen und sich damit aktiv für den Klimaschutz engagieren.
Ein Produkt oder ein Unternehmen, das klimaneutral sein möchte, muss seine Gesamtemissionen messen und sich dann Ziele setzen, diese zu reduzieren. Wenn Emissionen heute noch nicht vermeidbar sind, kommt die freiwillige Kompensation ins Spiel: Denn diese Restemissionen können Unternehmen durch den Kauf von CO₂-Zertifikaten kompensieren. So erreicht das Unternehmen bilanzielle Klimaneutralität.
Frederik Heymann ist verantwortlich für das SWM Produkt M-Kompensation Plus.
"Freiwillige CO₂-Kompensation basiert auf dem globalen Konzept, CO₂-Emissionen, die an einer Stelle nicht vermieden werden können, zumindest an anderer Stelle einzusparen."
Wie funktioniert das genau mit der Kompensation und den CO₂-Zertifikaten?
Freiwillige CO₂-Kompensation basiert auf dem globalen Konzept, CO₂-Emissionen, die an einer Stelle nicht vermieden werden können, zumindest an anderer Stelle einzusparen. Indem man internationale Klimaschutzprojekte finanziert, die vor Ort den Ausstoß von Treibhausgasen reduzieren, gleicht man die eigenen noch unvermeidbaren Emissionen aus.
Diese Finanzierung ist durch Kompensationszertifikate organisiert, die aus den Projekten heraus an Unternehmen verkauft werden. Das Zertifikat ist der Nachweis, dass eine Tonne CO₂ gebunden oder vermieden wird.
Haben Sie ein Beispiel für ein solches Projekt?
Es gibt vielfältige Projekte, z. B. die Aufforstung von Wäldern, die CO₂ binden, oder der Aufbau einer Windkraftanlage, die CO₂-neutrale erneuerbare Energie produziert. Für das Kompensationsprodukt der SWM arbeiten wir z. B. mit einem Windpark in Indien zusammen und mit einem Kochofenprojekt in Ghana, durch welches Brennholz gespart wird.
Indien, Ghana, warum werden Projekte in weit entfernten Ländern ausgewählt?
Wo die Emissionen reduziert werden, ist für den Effekt auf das Klima größtenteils egal. Und in Afrika oder Südasien kann man mit weniger Geld einfach mehr erreichen. Wichtig ist, dass die anerkannten internationalen Qualitätsstandards eingehalten werden.
Außerdem lässt sich in Entwicklungsländern leichter vermeiden, dass Projekte doppelt angerechnet werden. Das ist bei regionalen Projekten nämlich eine Schwierigkeit. Denn Deutschland rechnet sich CO₂-Einsparungen, die im eigenen Land erreicht werden, in einer nationalen Klimabilanz an. Eine zusätzliche Erfassung in der Bilanz eines Unternehmens würde zu einer zweifachen Zählung führen.
Und das wäre ein Problem?
Ja, denn das könnte dazu führen, dass entweder eine vermiedene Tonne CO₂ zweimal verkauft wird oder aber, dass zwei Akteure sich die gleiche vermiedene Tonne anrechnen. Im schlimmsten Fall werden zwei Tonnen CO₂ ausgestoßen, aber nur eine vermieden.
Trotzdem haben wir das Bedürfnis unserer Kunden erkannt, auch regional etwas zu tun. Daher kombinieren wir die internationale CO₂-Kompensation mit einem zusätzlichen Engagement für regionale Projekte der erneuerbaren Energien. So kann auch hier in Deutschland ein Beitrag zur CO₂-Vermeidung und zur Energiewende geleistet werden.
Im Zusammenhang mit CO₂-Kompensation liest man auch immer wieder von der Zusätzlichkeit. Was hat es damit auf sich?
Die Zusätzlichkeit ist mit das wichtigste bei den Zertifikaten. Die Projekte sollen durch das Geld aus den Zertifikaten ja erst ermöglicht werden. Nehmen wir den Windpark in Indien: Der würde sich ohne die Zertifikate nicht tragen und damit gar nicht gebaut werden.
Die Zusätzlichkeit ist auch Voraussetzung, um eine Zertifizierung gemäß dem Qualitätsstandard "Gold Standard" zu erhalten.
Das heißt, die CO₂-Zertifikate haben unterschiedliche Qualität? Wie wähle ich das richtige Produkt aus?
Es gibt viele Kompensationsprodukte, die sich in den Zielen und Preisen teilweise stark unterscheiden. Für die Orientierung werden verschiedene Standards vergeben.
Wir verkaufen mit unserem Produkt fast ausschließlich den „Gold Standard“, der sehr strenge Ansprüche an die Projekte stellt. Die Bewerberprojekte müssen einen Auswahlprozess durchlaufen und werden vor dem Verkauf der Zertifikate von unabhängigen Dritten wie dem TÜV überprüft. Außerdem tragen die „Gold Standard“-Klimaschutzprojekte zu einer nachhaltigen Entwicklung in den jeweiligen Projektregionen bei und erbringen dort einen sozialen Mehrwert.
Unser Produkt ist beispielsweise etwas teurer, weil wir Bildungsarbeit in Entwicklungsländern unterstützen und auch regionale Energieprojekte in Deutschland entwickeln.
Wie wird sichergestellt, dass die Projekte auch wirklich das versprochene CO₂ einsparen?
Wir verkaufen nur Zertifikate von Projekten, die das CO₂ bereits reduziert haben, diese werden „ex-post“ genannt. Zertifikate, die eine Reduzierung noch nicht erbracht haben, sondern nur für die Zukunft versprechen, nennt man „ex-ante“. Ein Beispiel dazu: Die CO₂-Bindung durch einen Baum wird auf etwa 30 Jahre gerechnet. Wird der Baum davor gefällt, ist die Kompensation hinfällig. Wir würden daher nur Zertifikate für Bäume kaufen, die nachweislich bereits bestehen und ihre CO₂-Bindung erreicht haben.
Vielen Dank für das Gespräch.
M-Kompensation Plus
CO₂-Kompensation für Unternehmen
Eine große Herausforderung auf dem Weg zur Klimaneutralität stellen für viele Unternehmen Restemissionen dar, die trotz Vermeidung und Reduktion von CO₂ verbleiben. Mit unserem Angebot M-Kompensation Plus unterstützen wir Unternehmen bei der Kompensation dieser Restemissionen.
M-Kompensation Plus verbindet die anrechenbare internationale CO₂-Kompensation mit einem zusätzlichen regionalen Beitrag. Durch „Gold Standard“-zertifizierte internationale Klimaschutzprojekte werden die Restemissionen ausgeglichen. Zusätzlich werden Erhalt und Ausbau von Erneuerbare-Energien-Anlagen in Deutschland gefördert und so Emissionen auch dort vermieden, wo sie anfallen, und die Energiewende beschleunigt.